Die Arbeit ist in einem gemeinsamen Prozess von beiden Künstlern entwickelt worden. Sie kann als poetisches Stück aufgenommen werden, indem man sich, geleitet von der Musik, an den Flügeln vorbei durch den scheinbar endlosen Gang führen  lässt;  sie kann ebenso als großer Spannungsbogen verstanden werden, der sich vom Beginn der Menschheit bis heute erstreckt und die Frage aufwirft, nach dem Sinn der menschlichen Existenz über die Zeiten hinweg.

Gino Tavernini arbeitet mit Symbolen und Farben. Tod, Lebendigkeit, Leichtigkeit, Kontemplation,  Sehnsucht nach Nicht-Handeln  sind  gegenwärtige  Elemente.  Ihr Symbolgehalt drängt sich dabei jedoch nicht auf, sondern bietet sich als Inter­pretationsraum an. Beim Begehen des Ganges werden die Elemente durch die räumliche Dimension in ihrem dynamischen Zusammenhang erfahrbar.  Die Bewegung  des  Betrachters  ist ein  gewünschter Bestandteil  der Installation.
 
Ingo Ahmeis bedient sich in der musikalischen Komponente der Arbeit modernster Computertechnologie  und  unscheinbarer Segmente aus Johann  Sebastian  Bachs "Kunst der Fuge". Er fügt zwei Sequenzen aus dem "canone per augmentationem in motu contrario" (Kanon in Vergrößerung und Gegenbewegung) spielerisch zu­sammen. Das   Syntheseprodukt wird  Ausgangspunkt für eine  Meta-Komposition. Die  Musik  erklingt,  gewissermaßen  als  mehrdimensionales perpetuum  mobile,  von sieben Raum-Zeit-Punkten aus, die permanent wechseln.  Sie durchläuft dabei -kanonisch versetzt - alle  13  sich im Oktavraum ergebenden Intervalle.  Nach etwa 12 Minuten beginnt der Zyklus von neuem. Das musikalische Material lässt sich in dieser neuen,  verfremdeten Gestalt als  liebevoll distanziertes Zitat verstehen, das der optischen und räumlichen Komponente eine weitere Dimension verleiht: ständig wird die Musik, und damit die gesamte Installation, verändert wahrgenommen.

Materialien:
Flügelklaviere,
Sensen,Lautsprecher,
Computer.
 
 
video
STEINZEIT

1992

 
Akademie Schloss Solitude, Stuttgart.
 
Raum-  und Klanginstallation von 
Gino Tavernini und Ingo Ahmels